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Meine Stellungnahme an die Vereinten Nationen zu psychiatrischer Gewalt

byingrid johnson
September 21, 2025
in NEUE WEGE
Speaking Out: My Testimony to the United Nations on Psychiatric Harm
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Das Hochkommissariat für Menschenrechte der Vereinten Nationen (OHCHR) sammelt derzeit Berichte von Betroffenen und Überlebenden von Folter sowie anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung – dazu gehören auch Erfahrungen mit Schaden im psychiatrischen System. Den Aufruf findest du hier.

Unten teile ich meine eigene Stellungnahme und möchte dich ermutigen: Wenn du im medizinischen Modell Schaden erfahren hast, bring auch deine Stimme ein.

 

Stellungnahme an die UN-Sonderberichterstatterin für Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe
Thematischer Bericht über die Erfahrungen und Perspektiven von Überlebenden
Eingereicht von: Ingrid E. Johnson, Gründerin der RECASAS gGmbH
Datum: 16. September, 2025

Einleitung

Mein Name ist Ingrid E. Johnson. Ich bin eine deutsch-amerikanische Überlebende, die durch psychiatrische Interventionen im Rahmen des medizinischen Modells Schaden erfahren hat. Gleichzeitig bin ich Gründerin der RECASAS gGmbH, einer Berliner Non-Profit-Initiative, die Resilienz, Empowerment und Selbstbestimmung durch kreatives Schreiben, Lesen und Kunstgruppen fördert – insbesondere für Menschen, die schwierige Lebenserfahrungen gemacht haben.

Ich reiche diese Stellungnahme ein, weil ich es für wichtig halte, sichtbar zu machen, wie Praktiken, die im Namen von „Behandlung“ durchgeführt werden, in Wirklichkeit grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung darstellen können. Zugleich möchte ich Alternativen vorstellen, die ich selbst mitaufgebaut habe und die Würde zurückgeben und Heilen ermöglichen.

Erlebter Schaden im medizinischen Modell und darüber hinaus

Mein Leben wurde durch viele schwierige Erfahrungen geprägt: Mit 13 verlor ich meinen Vater, als Jugendliche wurde ich vergewaltigt, und später schlug mich der erste Mann, der sagte, er liebe mich. Anfang 30 zog ich von Berlin nach New York City. Ich trug ungelöste Trauer und Traumata in mir – dazu kam der enorme Druck, ein neues Leben in New York City zu beginnen und Tag und Nacht für meinen Traum zu arbeiten.

Unter dieser Last geriet ich ins Wanken. Was ich gebraucht hätte, wäre Anerkennung für die Gewalt und Verluste, die ich erlebt hatte, sowie mitfühlende Unterstützung beim Ankommen in überwältigenden neuen Umständen. Stattdessen wurde ich in das medizinische Modell der Psychiatrie hineingezogen. Ich erhielt eine Diagnose, wurde auf Lithium gesetzt und man sagte mir, dieser Zustand sei lebenslang.

Dieses Vorgehen schadete mir, weil es:

  • die wahren Ursachen meiner Not ignorierte – Trauer, Trauma, Gewalt und die Herausforderungen der Migration.
  • meine Stimme zum Schweigen brachte, indem es mich auf eine Diagnose reduzierte, statt meiner Geschichte zuzuhören.
  • mir Medikamente aufzwang, die meinem Körper, meiner Persönlichkeit und meinem Selbstbild schadeten.
  • in den ersten 14 Monaten nach Diagnose und Beginn der Lithium-Einnahme zu einer Gewichtszunahme von 70 Kilo führte. Als ich meine Sorgen äußerte, erklärten mir die Ärzt*innen lediglich, Gewichtszunahme könne bei Lithium vorkommen. Sie zeigten keinerlei Besorgnis darüber, dass dies meinem Körper ernsthaft schaden würde. Stattdessen hielten sie uneingeschränkt an ihrem Therapieansatz fest.
  • mich isolierte, statt mir Gemeinschaft zu geben.

Das medizinische Modell hat mein Trauma nicht nur nicht gelindert, sondern zusätzlich neuen Schaden verursacht. Später in meinem Leben wurde ich zudem gegen meinen Willen weggesperrt, obwohl ich weder mir selbst noch anderen Schaden zufügte. Eine solche unfreiwillige Unterbringung ist ein klarer Verstoß gegen die Menschenrechte. Gesetze wie in New York sollten Psychiater*innen nicht diese unkontrollierte Macht verleihen.

Alternativen: Meine Arbeit mit RECASAS

Aus diesen Erfahrungen heraus habe ich RECASAS gegründet. Bei RECASAS arbeiten wir jenseits des medizinischen Modells. Unser Ansatz beruht auf Kreativität, Gemeinschaft und Peer Support.

  • Wir erzählen unsere Geschichten neu – Menschen erkunden ihre Vergangenheit durch Schreiben, Poesie und Storytelling. Sobald ich weitere Gesellschafter*innen gefunden habe und wir mit dem Fundraising für eigene Räume beginnen können, werden wir Theater, Musik, gemeinsames Kochen und andere Formen des Storytellings ins Programm aufnehmen. Wir möchten auch ein Café schaffen, in dem Empathie und offene Gespräche zum täglichen Alltag gehören.
  • Wir betonen die Wahlfreiheit – niemand muss sprechen oder etwas teilen; jede*r entscheidet selbst über das Maß der Beteiligung.
  • Wir stärken Würde – Teilnehmende werden nicht auf Symptome oder Diagnosen reduziert, sondern als Menschen gesehen, die eigene Entscheidungen treffen, handeln und ihr Leben gestalten können – nicht als passive Patient*innen, die lediglich behandelt werden.
  • Wir schaffen Gemeinschaft – durch Lesen, Schreiben, Kunst, Theater, Musik und Film stärken sich Menschen gegenseitig.

Immer wieder erlebe ich, dass Heilung tiefer möglich ist, wenn Stimmen respektiert werden und wenn Imagination, Kreativität und menschliche Verbindung im Zentrum stehen.

Analyse

Der Unterschied zwischen dem medizinischen Modell und einem menschenrechtsbasierten, von Betroffenen getragenen Ansatz ist deutlich:

  • Das medizinische Modell setzt auf Kontrolle, Diagnose und oft Zwang. Es stellt professionelle Autorität über gelebte Erfahrung. Es ist zudem so aufgebaut, dass es „Kund*innen auf Lebenszeit“ schafft – ein profitorientierter Umgang mit Leid.
  • Ein menschenrechtsbasierter, von Betroffenen getragener Ansatz stellt Würde, Selbstbestimmung und Wahlfreiheit in den Mittelpunkt. Er erkennt Trauma als Folge gelebter Erfahrungen und struktureller Bedingungen an, nicht als isoliertes „Symptom“. Ein solcher Ansatz reduziert nicht nur Leid und entlastet psychiatrische Kliniken, sondern spart den Staaten auch langfristig erhebliche Kosten.

Wo mir das medizinische Modell Schaden zufügte, hat mir gemeinschaftsbasierter Peer Support Würde und Kraft zurückgegeben.

Empfehlungen

  1. Psychiatrischen Zwang als mögliches Unrecht anerkennen: Staaten sollten feststellen, dass erzwungene Medikation, unfreiwillige Unterbringung und Pathologisierung grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung darstellen können.
  2. Freie und informierte Zustimmung garantieren: Betroffene müssen das Recht haben, eine Behandlung abzulehnen oder abzubrechen, ohne dafür bestraft oder im Stich gelassen zu werden.
  3. Betroffenen-geführte Initiativen unterstützen: Peer-Support- und gemeinschaftsbasierte Modelle wie RECASAS müssen als legitime Wege der Heilung anerkannt und gefördert werden.
  4. Rechenschaft sicherstellen: Menschen brauchen echte Möglichkeiten, erlittenes Unrecht auszusprechen – und Gerechtigkeit, Verantwortung oder Entschädigung zu erhalten.
  5. Würdezentrierte Rehabilitation fördern: Rehabilitation muss kreative, soziale und gemeinschaftliche Angebote einschließen, nicht nur medizinische oder klinische Interventionen.

Schlussfolgerung

Meine eigene Reise hat mir gezeigt, dass Etikettierung und Zwang im medizinischen Modell nachhaltigen Schaden anrichten können. Aber ich habe auch gelernt, dass Heilen möglich ist – durch Kreativität, Peer Support und würdezentrierte Ansätze.

Ich bitte das OHCHR, den Stimmen von Betroffenen psychiatrischer Gewalt aufmerksam zuzuhören und Rahmenbedingungen zu fördern, die Menschenrechte, Selbstbestimmung und die Kraft von Gemeinschaft stärken.

Vielen Dank dafür, dass Sie die Geschichten von Überlebenden sammeln und sichtbar machen. Für Rückfragen oder weitere Informationen stehe ich gerne zur Verfügung.

Kontakt:
Ingrid E. Johnson
Gründerin, RECASAS gGmbH

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